Elmer McCurdy

Normalerweise kommt man als Mensch vielleicht im Leben viel herum, bleibt nach seinem Tod aber im Allgemeinen an einer Stelle, nämlich im Grab. Also, zumindest der Körper.
Im Fall von Elmer McCurdy verhält sich die Sache aber etwas anders. Elmer starb 1911 im Alter von 31 Jahren. Seine Letzte Ruhe auf einem Friedhof fand er allerdings erst 66 Jahre später.

Was hat ihn aufgehalten?

Zunächst ist aber erst einmal die Frage: Wer war Elmer McCurdy?

Geboren wurde er laut Wikipedia am 01.01.1880 in Washington, Maine. In Maine wuchs er auch auf, bis er als junger Erwachsener von dort wegging und sich zunächst als Klempner und Bergmann durchschlug. 1910 trat er dann in die United States Army ein. Während seiner Dienstzeit fiel er weder negativ noch positiv besonders auf. Von Lieutenant Douglas MacArthur wurde er in der Handhabung von Nitroglyzerin unterwiesen, was für die Ausübung seines Dienstes nötig war.

Nach seiner Zeit in der Armee verabschiedete sich Elmer von der Gesetzestreue und beging mit verschiedenen Partnern mehrere, allerdings nicht sehr erfolgreiche Überfälle, bei denen er versuchte, seine Kenntnisse im Umgang mit Nitroglyzerin einzusetzen.

So überfiel er im März 1911 mit drei Komplizen einen Zug der Missouri-Pacific-Railroad. Im Zug befand sich ein Tresor mit 4.000 Dollar in Silber. Beim Versuch, den Tresor zu sprengen, benutzte McCurdy wohl zu viel Sprengmittel, was den größten Teil des Inhalts zerstörte. Die Männer erbeuteten nur 450 Dollar.
Bei einem Bankraub im September 1911 mit zwei anderen Männern, gelang es ihm zwar, einen Weg in die Bank zu sprengen, aber nicht den Tresor. Die Bankräuber flohen mit einer Beute von 150 Dollar in Münzen, die sie außerhalb des Tresors gefunden hatten.
Am 04.Oktober 1911 überfiel er mit Komplizen einen Personenzug der Missouri-Kansas-Texas Railroad, den sie für einen anderen Zug gehalten hatten, der angeblich 400.000 Dollar transportieren sollte. Sie raubten die Passagiere aus und erbeuteten die stolze Summe von 46 Dollar, zwei Flaschen Whisky, einen Mantel, eine Uhr, und einen Revolver. McCurdy floh mit seinem Anteil Richtung Kansas, überschritt die Grenze jedoch nicht, sondern betrank sich vorher in einer Scheune in Bartlesville. Dort wurde er am Morgen des 07.10.1911 von einem Sheriff-Trupp mit Bluthunden aufgespürt und in einem ca. eine Stunde andauernden Feuergefecht erschossen.
Auf seine Ergreifung war eine Prämie von 1.000 Dollar ausgesetzt gewesen.

An seinem Körper fanden sich Anzeichen auf Alkoholismus und darauf, dass er an Silikose und Tuberkulose gelitten hatte.

Die Leiche wurde zu einem Bestatter nach Pawhuska gebracht. Es meldete sich jedoch niemand als Angehöriger und reklamierte den Leichnam, also mumifizierte Joseph Johnson, der Bestatter, Elmer McCurdy und stellte ihn in seinem Wohnzimmer aus, um seine Kosten zu decken. Sowas scheint damals nicht unüblich gewesen zu sein. Für fünf Cent konnte man sich den Leichnam anschauen, das Eintrittsgeld wurde in den Mund der Mumie „gezahlt“.

Elmer schien als Ausstellungsstück erfolgreicher gewesen zu sein, als Bandit, denn fünf Jahre später erschienen „Brüder“ von ihm bei Johnson und dieser übergab ihnen den Leichnam in der Annahme, dieser würde nun sein anständiges Begräbnis erhalten.
McCurdys angebliche Brüder waren jedoch Schausteller, die Johnson die Mumie abgeluchst hatte, um sie selbst in einer Ausstellung namens „Oklahoma Outlaw“ zu präsentieren.
In den nächsten sechzig Jahren „wanderte“ Elmer McCurdy durch verschiedene Jahrmärkte und Ausstellungen, befand sich 1933 in der Lobby eines Kinos und wurde danach in den 1930er und -40er Jahren im „Museum of Crime“ des Polizisten Louis Sonney ausgestellt.
Irgendwann verlor sich wohl der Ursprung der Mumie und in den 1960er Jahren wusste niemand mehr, dass dieser Körper eine echte Leiche war. 1971 verkaufte man McCurdy – in der Annahme, es handele sich um eine Schaufensterpuppe – an ein Wachsfigurenkabinett.

Weitere fünf Jahre später holte sich ein Mann den Schreck seines Lebens. Er fand einen Arm, den er berechtigterweise für den einer Puppe hielt. Bis er feststellte, dass es sich um einen menschlichen Arm handelte. Er war als Mitglied einer Filmcrew (für die Serie „Der-sechs-Millionen-Dollar-Mann; Episode „Carnival of Spies“) im Vergnügungspark NU-Pike in Long Beach, CA, unterwegs. Kurz vorher war auch an der Mumie selbst festgestellt worden, dass es sich nicht um eine Puppe handelte.

Man informierte die Behörden. (Laut einem Artikel der LA Times rief einer der hinzu gerufenen Feuerwehrleute im Scherz einen befreundeten Sanitäter an, er müsse zum Park kommen, um ein Opfer extremer Dehydration zu behandeln. Ein typisches Beispiel des recht düsteren Humors, der in diesen Berufsgruppen nicht unüblich ist.)
Bei der anschließenden Untersuchung fand man im Mund des Leichnams ein Geldstück von 1924 und eine Eintrittskarte für das „Museum of Crime“. Zusammen mit archivierten Zeitungsartikeln halfen diese Gegenstände, Elmer McCurdy zu identifizieren.

Am 22.April 1977 fand McCurdy schließlich seine letzte Ruhe auf dem Summit-View-Friedhof in Guthrie, Oklahoma. Er wurde in einem gläsernen Sarg beerdigt, unter der Anteilnahme von Polizeibeamten, Lokalpolitikern und Historikern. Um sicherzustellen, dass McCurdy auch dort blieb, wo er bestattet worden war, goss man zwei Kubikmeter Beton über den Sarg.

Sein bewegtes Nachleben verschaffte Elmer McCurdy einigen Ruhm als Objekt von zwei Biografien und einer BBC-Dokumentation. Außerdem wurden inzwischen mehrere Songs über sein Schicksal geschrieben.

Man kann mich jetzt für makaber halten, aber so schlimm finde ich sein posthumes Schicksal nicht unbedingt. Ich meine, er trug zur Unterhaltung der Menschen bei und anscheinend ist man auch nicht zu respektlos mit ihm umgegangen, sonst hätte der Körper sicher schon früher Schaden erlitten.

UPI Telefoto 1977

Außerdem trug seine Mumie maßgeblich zur Entstehung einer Comic-Kultfigur der 1980er Jahre bei.
Der verstorbene Mattel-Designer Mark Taylor erzählte in der Netflix-Doku „Spielzeug: Das war unsere Kindheit“, dass er irgendwann die Geisterbahn besucht hatte, in der später der Leichnam gefunden worden war. Er sei damals schon sicher gewesen, einen Leichnam zu sehen und keine Puppe.
Dieses Erlebnis inspirierte ihn zu der Figur „Skeletor“, dem Erzfeind von „He-Man“ in der gleichnamigen Comic-Serie.

Bildquelle: Amazon

Erst später, durch eine Doku auf dem Discovery-Channel über Elmer McCurdy, erfuhr er, dass er damals richtig gelegen hatte.

Ruhe in Frieden Elmer McCurdy!

© Angelika Köllner

Quellen und weiterführende Links:
Wikipedia
LA Times
Find A Grave
Allthatsinteresting
weirdhistorian
20min.ch
youtube

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